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„S 5 auf Gleis 3 nach Königssee
...bitte einsteigen ...“
Machbarkeitsstudie zum Wiederaufbau der „Nationalparkbahn“ Berchtesgaden – Königssee als Bestandteil der Regional-Stadtbahn Salzburg ist beschlossene Sache

von Michael Behringer

Noch vor wenigen Wochen wurde das Projekt belächelt. Als „Pufferküsser“, „Nietenzähler“ und „Körnchenfresser“ werden die Aktivisten in Naturschutz- und Verkehrsverbänden gerne belächelt und ihre Pläne zum Wiederaufbau der vor 44 Jahren, nämlich am 25. September 1966, von der DB stillgelegten Strecke Berchtesgaden – Königssee als phantastische Schwärmereien bezeichnet. Doch in allen Planskizzen, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten zum Thema „Regional-Stadtbahn Salzburg (RSB)“ in den Umlauf gebracht wurden, ist diese Strecke als fester Bestandteil eines zukunftsfähigen Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) enthalten. Organisationen wie „Verein S-Bahn Salzburg“ (vormals „Rote Elektrische“), der Bund Naturschutz Freilassing und PRO BAHN Bayern und andere setzen sich seit Jahren mit verschiedenen Aktionen für einen vernetzten SPNV über den Innenstadttunnel Salzburg von Bad Ischl bis Königssee, von Tittmoning bis Saalfelden und vom Chiemsee bis zum Innviertel ein. Seit den „Horber Schienentagen 2009“ ist die Nationalparkbahn zum Königssee ein Projekt aus der Reihe „Kleckern statt Klotzen“.

Die Ausgangssituation für einen erfolgreichen SPNV ist im südlichen Landkreis folgende:
Der Königssee,wegen seiner steil aus dem Wasser herausragenden Felswände auch bayerischer Fjord genannt, lockt Sommer wie Winter Urlauber und Tagesgäste aus aller Welt an. Die Schifffahrt nach St. Bartholomä verkehrt an sonnigen Tagen im Fünf-Minuten-Abstand, und einen Steinwurf daneben befindet sich der Jenner mit seiner Seilbahn und den Skipisten, die erst im vergangenen Jahr durch eine millionenschwere Investition in Beschneiungsanlagen modernisiert wurden. Auf dem Parkplatz drängeln sich bis zu 6.000 Autos und sind fast die einzige Möglichkeit, dieses Urlaubs- und Freizeitziel zu erreichen. Der stündlich verkehrende Regionalbus mit seinen 50 Sitzplätzen kann die Verkehrsnachfrage allenfalls im Promille-Bereich abdecken. Somit steht außer Zweifel, dass ein einigermaßen attraktives SPNV-Angebot auch auf ausreichende Nachfrage stoßen würde. Wenige hundert Meter entfernt liegt die international wie national intensiv genutzte Bob- und Rodelbahn, die auch Bestandteil der Bewerbung der Stadt München für die Winterolympiade 2018 ist. Eine Olympiade ohne vernünftiges Verkehrskonzept ist nicht denkbar. In Salzburg weiß man ja ein Lied davon zu singen, und ohne Schienen-Infrastruktur zum Königssee sind die zu erwartenden Besucherströme nicht zu bewältigen.

Aber unabhängig von Sportveranstaltungen ist der Groß-Parkplatz Königssee-Jennerbahn das ganze Jahr über gut ausgelastet und – da gibt es den ersten Interessenkonflikt – stellt mit den Erlösen aus der Parkraumbewirtschaftung die wohl größte Einnahmequelle für die Gemeinde Schönau dar. Wen wundert es,wenn von der kommunalpolitischen Seite durch einen Bahnbau Einnahmensverluste befürchtet werden und so das politische Engagement sich in Grenzen hält. Das oft zu hörende Gegenargument lautet: „Die Trasse ist leider nicht mehr frei“. Doch den Initiatoren des Wiederaufbaus ist es gelungen, eine Wegstrecke ausfindig zu machen, die trotz der zahlreichen Neubauten im letzten halben Jahrhundert immer noch eine Schienenanbindung realisierbar macht, auch wenn die RSB inkl. Tunnel erst in einigen Jahren umgesetzt werden kann. Es besteht doch nach einer Entscheidung für ein Gesamtsystem die Möglichkeit, Teilabschnitte vorab zu realisieren. Die Parameter stehen ja de facto jetzt schon fest: Spurweite 1.435 mm, Stromspannung 1.000 Volt Gleichstrom (Lokalbahn) oder 15.000 V Wechselstrom (DB/ÖBB) – für Zweisystem-Fahrzeuge kein Problem. Bei einer Entscheidung für ein Betriebssystem nach BOStraB kann bei der Infrastrukturplanung bereits ein Teil der neuen Straßenbrücke über die Ache beim Kreisverkehr am Hauptbahnhof Berchtesgaden mitbenützt werden und die Trasse auch parallel zum beliebten Radwanderweg an der Königsseer Ache verlaufen.
 

Von Gleis 1 des Berchtesgadener Hauptbahnhofs aus kann die Königsseebahn über den Kreisverkehr (Betriebsordnung Straßenbahn mit Ampelregelung) angebunden werden (gestrichelte Linie). Die Achenbrücke ist bereits auf 60 Tonnen ausgelegt.

Foto: Michael Behringer

Trotz des Erweiterungsbaus einer Gaststätte bei der Schwöbbrücke kann man durch leichtes Verschwenken der ursprünglichen Gleisführung um ca. 70 Meter nach Osten dieses Hindernis umgehen. Den Endbahnhof kann man durch eine neue Linienführung ab Stangermühle über die Talstation der Jennerbahn, quasi von hinten her, ansteuern. Die Verknüpfung mit den DBGleisen kann problemlos am Nordende des Hauptbahnhofes Berchtesgaden (Gleis 1) erfolgen. Es ist ohnehin schon konkret geplant, die Berchtesgadener Land Bahn (über Bad Reichenhall – Hallthurm) in Richtung Berchtesgaden-Ost unter Nutzung des bereits seit dem „Tausendjährigen Reich“ vorhandenen Tunnels zu verlängern. Am neuen Ostbahnhof kann dann niveaugleich in die Königsseebahn umgestiegen werden, wenn nicht vorübergehend die Königsseebahn ab Berchtesgaden Hauptbahnhof im „Inselbetrieb“ abgewickelt werden soll. Da stehen alle denkbaren Varianten offen.

Die Öffentlichkeit sowie Bundes- und Landespolitik wurden am 1. August mit dem Thema konfrontiert, als PRO BAHN München, namentlich Andreas Barth, sowohl dem Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer als auch den Landes- und Kommunalpolitikern das Horber Projekt präsentierte. Die Bevölkerung nahm diese Gedanken äußerst positiv auf und war begeistert. Der Rundfunk berichtete an den darauf folgenden Tagen im Halbstundentakt von der Königsseebahn, und auch die beteiligten Bürgermeister sowie der bayerische Verkehrsminister Zeil äußerten sich positiv, wenngleich sie noch nicht ganz an die Realisierungsmöglichkeit glauben und einige meinten, es sei fraglich, ob sich die Investition rentiere.
 

Der alte Bahnhof Königssee der seit 45 Jahren stillgelegten Strecke, heute als Restaurant genutzt.

Foto: Michael Behringer

Einen Meilenstein nach vorne brachte die Exkursion von Politikern aus dem EuRegio-Raum nach Karlsruhe im Frühsommer dieses Jahres. Zusammen mit Bürgermeistern und Kommunalräten konnten LHStv. Wilfried Haslauer und Landrat Georg Grabner die Vorzüge einer RSB erleben. Die Begeisterung übertrug sich auch auf die übrigen Entscheidungsträger. Der Kreisausschuss BGL bewilligte im September einstimmig einen Zuschuss für die Machbarkeitsstudie der RSB, und Landrat Grabner erläuterte im Rundfunkinterview das neue Zugsystem mit den Worten: „Da kann man von Salzburg und Umgebung direkt bis zum Königssee fahren.“

Es gilt nun für alle NGO-Aktivisten, diese Bedenken zu zerstreuen. Eine seriöse Kostenschätzung ist ohne Detailplanung natürlich nicht möglich. Aber nimmt man die feststehenden Zahlen für die Erweiterung der Strecken der Usedomer Bäderbahn her und verdoppelt diese, kommt man auf eine Investitionsobergrenze von 20 Millionen Euro, eine Summe, die sich schon bald amortisieren wird, wenn man mit einem engagierten Betreiber ein vernünftiges Verkehrskonzept anbietet. Halten wir es also nach dem Motto „Es gibt viel zu tun, packen wir es an“, und die immer noch vorhandenen Zweifler seien mit dem Wort von Napoleon Bonaparte getröstet, der einst sagte: „,Unmöglich’ steht nicht in meinem Wörterbuch.“

 

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