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Salzburger Lokalbahn betreibt seit 1. Juli 2008 die Pinzgauer Lokalbahn


von DI Arnulf Schuchmann

Mit 30. Juni 2008 war es soweit, die Unterschriften konnten auf den wichtigsten Verträgen zwischen Land Salzburg, ÖBB und Salzburg AG geleistet werden. Damit endete ein beinahe dreijähriger Prozess mit Verhandlungen, immer wieder neuen Erkenntnissen, getroffenen und gebrochenen Vereinbarungen – aber letztlich ward alles gut.

Die ÖBB-Strategie sieht die Privatisierung, Nachnutzung oder Einstellung gewisser Strecken in Österreich vor. Hiervon besonders betroffen sind die Schmalspurstrecken. Die Pinzgaubahn, wie sie von den ÖBB genannt wurde, gehörte hierzu, das Land Salzburg war grundsätzlich an einer Aufrechterhaltung der Bahnbedienung im oberen Pinzgau interessiert. Nach dem Unfall und dem Hochwasser im Jahre 2005 war für die ÖBB der Fall klar: Kein Wiederaufbau der weggespülten Strecke und Abgabe an das Land so schnell wie möglich.
 

Mit 30. Juni 2008 endete der Betrieb der Pinzgaubahn durch die Österreichischen Bundesbahnen ÖBB.

Foto: DI Arnulf SCHUCHMANN

Im Januar 2007 wurde bereits eine Grundsatzvereinbarung zwischen Bund, Land Salzburg und ÖBB unterfertigt, die wesentliche Eckpunkte einer Übernahme der Pinzgaubahn in die Verantwortung des Landes beinhalteten. Diese stand unter dem Vorbehalt eines Beschlusses der Landesregierung.

In der Folge wurde zunächst in einer kurzen Machbarkeitsstudie geprüft, ob eine Übernahme der Bahn mit den bereitstehenden finanziellen Mitteln überhaupt machbar ist, welche Voraussetzungen für eine erfolgreiche Übernahme und Betrieb zu erfüllen sind und welche Risiken dabei voraussichtlich auftreten. Zum damaligen Kenntnisstand (April 2007) schien die Finanzierung von Wiederaufbau und Betrieb kein Problem, eine modernisierte Pinzgaubahn war das Ziel mit attraktiven Fahrzeugen auf schneller und solider Infrastruktur. Klar war, dass die Strecke bis Krimml wiederaufgebaut und betrieben werden sollte.

Auf Grundlage der Machbarkeitsstudie wurde entschieden, die Verhandlungen fortzuführen und die erforderlichen Verträge auszuarbeiten. Ab diesem Moment ging es folglich um sehr konkrete Fragestellungen und Aspekte, die manche Überraschungen bereithielten, wie z.B.:

• Neue Lokomotive 2096.01
Diese Lok wurde – entgegen der Konzernusancen – von der Personenverkehr AG angeschafft (geleast) und weist eine Achslast von 12,5 t auf, die an keiner Stelle der Pinzgaubahn zum Zeitpunkt der Bestellung auf der Infrastruktur zugelassen war. Investitionen in die Infrastruktur zur Erhöhung der Achslast sind die Folge. Hier hat sich der Bund bereit erklärt, die teilweise aberwitzigen Entscheidungen des Bundesunternehmens finanziell auszugleichen.

• Schaffnerbetrieb
Es stellte sich heraus, dass mit dem vorhandenen Rollmaterial sowie den geleasten Neufahrzeugen ein Betrieb ohne Schaffner nicht mehr zu realisieren sein würde. Sämtliche Businesspläne gingen von einem schaffnerlosen Betrieb aus, wie es auch von den ÖBB geplant war. Erhebliche Mehrkosten im laufenden Betrieb waren/sind die Folge.

• Liegenschaften im Eisenbahnbuch
Die im Eisenbahnbuch unter Pinzgaubahn derzeit eingetragenen Liegenschaften bilden nicht die Strecke ab. Vielmehr sind Zu- und Abschreibungen von ganzen und teilweisen Grundstücken erforderlich, um einerseits die Pinzgaubahn zu komplettieren und andererseits die Westbahn betriebsfähig zu erhalten. Dies ist der Grund dafür, dass derzeit nur ein Nutzungsrecht für die Infrastruktur der Pinzgaubahn an das Land übertragen wurde.

• Dokumente und Bewilligungen
Die Übergabe der erforderlichen Dokumente und Bewilligungen zusammen mit der Infrastruktur und den Fahrzeugen, z.B. Brückenbücher, aktuelle Bahnhofsgleispläne, Betriebsbücher etc., gestaltete sich, wie bereits bei der Schafbergbahn, als Abenteuer. Vieles fehlt oder ist nicht auffindbar, Vollständigkeitserklärungen gibt die ÖBB nicht ab. Sicher ein Problem einer großen Organisation mit vielen Wechseln von Zuständigkeiten, Sammlern historischer Dokumente und auch einer Aufsichtsbehörde, die bei der Staatsbahn offensichtlich manches durchgehen lässt, was andernorten zur sofortigen Stilllegung führen würde. Interessanterweise ist es beinahe unerheblich, ob es sich um historische Dokumente aus den Anfängen der Bahn oder um Betriebsbücher täglich eingesetzter Triebwagen handelt.

Um auch künftig – nachdem mehr als 9 Mio. Euro Landesmittel in die Pinzgaubahn geflossen sind – das Sagen zu haben, war sehr früh klar, dass das Land Salzburg die Infrastruktur, Liegenschaften und Gebäude von den ÖBB übernimmt und als Konzessionär auftritt. Eisenbahnrechtlich wurde für diese Konstruktion ein Eisenbahnunternehmen benötigt, das über einen Betriebsführungsvertrag die Konzessionsfähigkeit des Landes herstellt. Mit der Salzburger Lokalbahn (SLB) war dieses Unternehmen  Pinzgauer Lokalbahn – endlich gerettet! Salzburger Lokalbahn betreibt seit 1. Juli 2008 die Pinzgauer Lokalbahn von DI Arnulf SCHUCHMANN Mit 30. Juni 2008 endete der Betrieb der Pinzgaubahn durch die Österreichischen Bundesbahnen ÖBB. Quelle: DI Arnulf SCHUCHMANN 3496_Fachz_3-2008.qxd 19.08.2008 15:10 Uhr Seite 28 Regionale Schienen 3/2008 29 [ NAHVERKEHR ] schnell gefunden, hat es doch in der Vergangenheit bewiesen, wie regionale Bahnen erfolgreich geführt werden können. Die SLB übernahm die Fahrzeuge von den ÖBB und modernisiert diese im Auftrag und auf Rechnung des Landes. Gleiches gilt für die Infrastruktur: Hier übernimmt die SLB die Verwaltung der Liegenschaften und Gebäude, die Betriebsführung, die Instandhaltung sowie den Wiederaufbau der vom Hochwasser zerstörten Streckenabschnitte und die Sanierung der übrigen Streckenteile im Namen und auf Rechnung des Landes. Durch eine Klausel in den Verträgen kann das Land bei einem allfälligen Betreiberwechsel jederzeit auf die Fahrzeuge zurückgreifen. Damit sowie mit dem Eigentum an der Infrastruktur und der Konzession hat das Land die Möglichkeit, auch einen anderen Betreiber in der Zukunft zu beauftragen.

Am 30. Juni 2008 wurden nicht weniger als 17 Verträge unterschrieben, um die notwendigen Voraussetzungen für die Übernahme der Pinzgaubahn zu schaffen. Das folgende Schaubild illustriert die komplexen Vertragsbeziehungen, die für die Übernahme von den ÖBB, die Einbindung der Gemeinden und den Betrieb durch die SLB erforderlich waren.
 

Wie angesprochen, wurden die Gemeinden auch in das Vertragswerk eingebunden, um die regionale Verankerung zu fördern und zu fordern. Die wesentlichen Erfolgsfaktoren sind die regionale Verankerung und die Akzeptanz der Bahn in der Region. Dies betrifft die Kostenseite genauso (in Summe erklären sich die Gemeinden bereit, 240.000,– Euro jährlich für die Bahn aus eigenen Mitteln beizusteuern) wie die Einnahmenseite, die durch die regionale Tourismuswirtschaft und die Gemeinden über Ansiedlungs- und Raumordnungspolitik nachhaltig positiv beeinflusst werden kann.

Wie sieht nun die Zukunft der Pinzgaubahn aus,was soll sich ändern? Zunächst bekam sie mit dem neuen Betreiber, der Salzburger Lokalbahn, einen neuen Namen: Pinzgauer Lokalbahn. Der Bahnhof in Zell am See wurde in „Zell am See“ Lokalbahn umbenannt. Die Züge sind zunächst alle aus Gründen des Fahrgastservice mit Schaffnern besetzt. In den nächsten Monaten werden die Vorbereitungen für den Wiederaufbau durchgeführt: Einreichung der Wiederaufbauprojekte bei den Behörden, Abstimmungsverfahren, Klärung der technischen Fragen, Ausschreibungen der Leistungen. 2009 sollen dann der Wiederaufbau und 2010 weitere infrastrukturelle Linienverbesserungen auch auf der bestehenden Strecke zwischen Zell am See und Mittersill durchgeführt werden. Die Wiederinbetriebnahme der Gesamtstrecke ist für Ende 2009 vorgesehen. Mit ein bisschen Glück werden bereits fertiggestellte Streckenteile früher in Betrieb gehen (in Etappen bis Hollersbach, Bramberg, Neukirchen). Parallel sollen vorhandene Fahrzeuge nach dem Vorbild der Zillertalbahn modernisiert und die neuen niederflurigen Wagen ausgeliefert und in Betrieb genommen werden. Alles in allem ein Investitionsvolumen von mehr als 32 Mio. Euro, das innerhalb von drei Jahren aufgebracht werden soll.

Ziel ist es, durch Attraktivierung der Strecke – Reduzierung der Fahrzeit auf das Niveau des Pkw – modernes oder modernisiertes Rollmaterial, durch Nostalgie- und Fahrradzugangebote sowie durch eine ganzheitliche Vermarktung in Zusammenarbeit mit der Region und hier insbesondere der Ferienregion Nationalpark Hohe Tauern das Fahrgastniveau vor dem Hochwasser von rund 700.000 pro Jahr baldmöglichst zu erreichen und auf über 1 Million pro Jahr bis 2012 zu steigern. Parallel soll der Güterverkehr wieder aufgenommen werden; eine Reihe von Firmen und die Gemeinden haben bereits ihr Interesse bekundet.
 

Mit 1. Juli 2008 begann eine neue Ära auf der Pinzgaubahn. Übernommen vom Land Salzburg, betrieben durch die Salzburger Lokalbahn (SLB) und der neue Name „Pinzgauer Lokalbahn“ kennzeichnen den Start in die Zukunft. Bis 2009 soll der Wiederaufbau des Streckenabschnittes Mittersill – Krimml erfolgen und bis 2010 durch Infrastrukturverbesserungen sowie neue Fahrzeuge die Fahrzeit erheblich reduziert werden.

Quelle: DI Arnulf SCHUCHMANNM

Zusammenfassung
Die Übernahme der Pinzgaubahn durch das Land Salzburg und die Salzburger Lokalbahn von den ÖBB war kein einfaches Unterfangen. Schließlich ist es mit der Unterstützung aller Beteiligten am 30. Juni 2008 gelungen. Zu den Widrigkeiten in der Phase der Verhandlungen und Ausarbeitung der Verträge gesellen sich nun die Schwierigkeiten der Aufnahme eines Bahnbetriebs von einem Tag auf den anderen.

Die Ziele sind hoch gesteckt, die finanzielle Belastung des Landes muss sich in den zuvor vereinbarten Bahnen bewegen. Die erste Betriebswoche, können durchaus als Erfolg bezeichnet werden. Die neue Pinzgauer Lokalbahn hat Zukunft, wenn es gelingt, sie in der Region zu verankern als Bahn der Menschen in der Region und als unverzichtbares Verkehrs- und Tourismusvehikel. Die Zukunft wird zeigen, ob dies gelingt.
 

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LESERBRIEFE:
 

Von: Werner Robin, Seeboden am Millstättersee, ehemaliger ÖBB-Beamter

09.10.2008

Endlich hat die traurige ÖBB-Aera ein Ende. Als ehemaliger ÖBB-Beamter (Jetzt mit 51,5 im "Zwangsruhestand") tut es mir für meinen ehemalige Arbeitgeber zwar leid, aber die ÖBB wollen offensichtlich keine Schmalspurbahnen mehr betreiben. Das es andere besser können hat Gunther Mackinger mit seinem Team von der SLB bereits mit der Übernahme der Schafbergbahn und des dortigen Schiffbetriebes bewiesen. Ich wünsche der SLB für die weitere Zukunft auf der Pinzgaubahn alles erdenklich Gute. Bahn frei!

Werner Robin
Goldeckweg 11
9871 Seeboden
Handy: 0650 8530159

 
 

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