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Obus-Städte schaffen Lebensqualität

koordiniert von Christa Schlager

In Salzburg ist er unbestritten – der Obus oder Trolleybus, wie er z. B. in der Schweiz genannt wird. Seit 1940 fährt er in Salzburg: 81 Obusse sind auf acht Linien im Einsatz. Täglich benutzen 140.000 Fahrgäste den Obus. Schon ab fünf Uhr am Morgen bis ein Uhr früh steht sein dichtes Netz zur Verfügung. Am Ausbau des Obusnetzes wird ständig gearbeitet. Zuletzt wurde im Dezember 2007 die Linie 4 um 1,7 km bis nach Mayrwies verlängert. Weitere Ausbaupläne gibt es: So z.B. die neue Linie 10 ab Sommer 2009. 20 neue Obusse wurden Ende 2008 bestellt. Sie werden ab Ende 2009 den Fuhrpark noch attraktiver machen.

Keine Abgase, wenig Lärm und der sparsame Energieverbrauch machen den Obus in den Städten zu „der“ attraktiven Variante zur Straßenbahn oder Stadtbahn. Immer mehr Städte in Europa und in der ganzen Welt setzen auf dieses umweltfreundliche Verkehrsmittel.

Im „Thema“ dieser Ausgabe stellen wir neben den neuen Fahrzeugen für Salzburg zwei Städte vor, die auf die umweltfreundliche Technik im Öffentliche In Luzern in der Schweiz bewährt sich der Obus schon lange und kann insbesondere bei den vielen Steilstrecken, die er dort zu bewältigen hat, seine stellen. Und Castillón in Spanien setzt seit Juni 2008 auf den Obus als innovative Möglichkeit im Öffentlichen Stadtverkehr.

Andere Städte werden folgen!

 

 

 

Pia Maria Brugger-Kalfidis
Luzern: Der Trolleybus erfüllt die Erwartungen - Ausbau bringt Nachfrage

Im Kanton Luzern leben 350.000 Menschen, rund 180.000 davon in der Stadt und Agglomeration von Luzern. Luzern als Zentrumskanton im Herzen der Schweiz befindet sich im Aufbruch. Luzern hat eine intensive Kultur- und Bildungsoffensive bei Fachhochschulen, der Universität, dem weltbekannten Kunst- und Konzerthaus Luzern KKL sowie dem Kulturzentrum Südpol hinter sich. Zurzeit wird die Allmend mit der Tieferlegung der dort verkehrenden Eisenbahn und der attraktiven Sportstätten realisiert. Der Kanton hat seit einiger Zeit ein umfangreiches Restrukturierungsprogramm aufgegleist, welches neben vielen Infrastrukturmaßnahmen auch Steuersenkungspakete und den Zusammenschluss von Kommunen beinhaltet. 2010 schließt sich die Stadt Luzern mit der Vorortsgemeinde Littau zusammen. Man will einerseits Synergien gewinnen und andererseits die anspruchsvolle Raum- und Siedlungsplanung besser aufeinander abstimmen. Stadt und Kanton Luzern verfügen insgesamt über ein gutes Angebot beim Öffentlichen Verkehr, das von den Kundinnen und Kunden rege genutzt wird.

Ausbau bringt Nachfrage
Der Fernverkehr und die regionale S-Bahn wurden in den letzten Jahren stark ausgebaut. Davon profitieren auch Reisende, welche die Städte Zürich (Flughafen), Basel und Bern nun per Zug in einer Stunde erreichen können. Das Angebot beim Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) wurde ebenfalls ausgebaut, und die Nachfrage konnte in den letzten Jahren erheblich gesteigert werden. Für die optimale Weiterentwicklung von Luzern soll das Angebot in der Agglomeration weiter ausgebaut werden. Ein guter Öffentlicher Verkehr gilt in der Schweiz als wichtiger Standortfaktor für die Wirtschaft.

Busnetz Agglomeration Luzern
Der Zweckverband „Öffentlicher Agglomerationsverkehr Luzern“ ÖVL plant und finanziert den öffentlichen Busverkehr (Nahverkehrslinien) in der Agglomeration Luzern. Im Verband sind Stadt Luzern, Gemeinden und Kanton Luzern als Mitglieder vertreten. Der ÖVL bestellt bei den Transportunternehmungen zurzeit 30 Buslinien, davon 6 Trolleybus- und 24 Dieselbuslinien.

Anforderungen und Aufgaben der Besteller
Die Besteller erwarten, dass der Öffentliche Verkehr gesellschaftliche, technische und ökonomische Fragestellungen aufnimmt und auf die Entwicklungen im Mobilitätsmarkt reagiert. Die Besteller wollen zudem, dass die Kundschaft zufrieden ist und die Kosten der Linien niedrig bleiben. Die Besteller sind somit selber auch gefordert, die richtigen strategischen Entscheide zu fällen, damit diese Ziele erreichtwerden können. Neben der Kostenfrage steht immer auch die Qualitätsfrage im Mittelpunkt unserer Tätigkeit.Wenn die Qualität mangelhaft ist, bleiben die Kunden aus. Das bringt langfristig höhere ungedeckte Kosten mit sich. Es lohnt sich somit, die Kostendiskussion gemeinsam mit der Qualitätsdiskussion zu führen. In Luzern wurde im Jahr 2001 nach eingehenden Diskussionen und einer Kostenvergleichsanalyse zwischen Trolley- und Dieselbus ein klares Bekenntnis zum Trolleybus abgegeben. Anschließend wurde in einer Gesamtplanung das ganze Agglo-Busnetz in Bezug auf Quantität und Qualität analysiert und erheblich ausgebaut. Es wurden dabei ebenfalls Entscheide für den weiteren Ausbau des Trolleybusnetzes gefällt. Bei den Kosten setzen wir die Schwerpunkte auf Kosten-Controlling und Kostenverhandlungen mit den Transportunternehmungen. Die dadurch erreichten Kosteneinsparungen werden in vollem Umfang in den weiteren Angebotsausbau reinvestiert. Dabei ist es uns ein Anliegen, auf nachfragestarken Linien den Trolleybus mit seinen überzeugenden Qualitäten weiter zu stärken.
 

Quelle: Zweckverband Öffentlicher Agglomerationsverkehr Luzern


Leise – komfortabel – ökologisch
Luzern ist einerseits Touristenstadt und andererseits Trolleybus- Stadt – mit dem drittgrößten Trolleybusangebot nach Genf und Zürich. Die Trolleybusflotte genießt eine sehr hohe Akzeptanz und ein gutes Image, weil die Busse leise, komfortabel und ökologisch sind. 56 % unserer Fahrgäste werden per Trolleybus befördert. Luzern ist eine hügelige Stadt – hier kann der Trolleybus seine Qualitäten voll ausspielen. Leise geht's die Anhöhen hinauf – für die heute unter Lärmstress stehende Bevölkerung ein wahrer Segen –, und beim Hinunterfahren erfolgt die Rückeinspeisung von Brems-Energie, was bis zu 25 % Energie einspart. Die neuen Modelle mit Niederflur-Einstieg und die Doppelgelenk-Trolleybusse machen das Reisen noch komfortabler. Aus Bestellersicht sind die Trolleybusse beim Kauf zwar etwas teurer, die erheblich längere Amortisations- und Abschreibedauer relativiert diesen Aspekt allerdings.

Auch die Politik zieht mit ....
Die Beliebtheit unserer Trolleybusse bei den Kunden, die Innovationen bei den Fahrzeugen und die positive Kostenentwicklung tragen zur hohen Akzeptanz von politischer Seite bei. Deshalb ist geplant, das Trolleybusnetz weiter auszubauen. Der Beschluss für die Verlängerung der Trolleybuslinie 6 ins Wohnquartier Büttenen wurde bereits gefällt.Weiter planen wir, die Trolleybuslinie 1, welche von Kriens via Luzern Bahnhof das Gebiet Maihof bedient, nach Ebikon zu verlängern. Dort ist ein wirtschaftlicher Entwicklungsschwerpunkt unserer Region. Eine weitere Idee besteht darin,die Gemeinde Littau mit dem Trolleybus zu bedienen. Bei den erwähnten Ausbauprojekten wird das Angebot heute mit Dieselbussen im Taktverkehr gefahren – die Intervalle betragen 7/8 bzw. 10 Minuten.

Die Kundenzufriedenheit steigt
Seit dem Jahr 2002 evaluieren wir alle zwei Jahre die Kundenzufriedenheit und vergleichen uns dabei mit anderen starken ÖVAnbietern wie beispielsweise Zürich. Dies ermöglicht uns, die Stärken und Schwächen bei der Aufgabenerfüllung von Bestellern und Transportunternehmungen herauszufinden. Es ist erfreulich, dass die Kundenzufriedenheit kontinuierlich gesteigert werden konnte und von 69 Indexpunkten im Jahr 2002 auf 74 Indexpunkte im Jahr 2006 angestiegen ist. Es zeigt sich, dass die Kunden das Engagement von Besteller und Transportunternehmungen würdigen und wir bei der Weiterentwicklung des öffentlichen Verkehrs in Luzern auf dem richtigen Weg sind.

 

Die neuen Modelle mit Niederflur-Einstieg und die Doppelgelenk-Trolleybusse machen das Reisen noch komfortabler.

Quelle: Zweckverband Öffentlicher Agglomerationsverkehr Luzern

 

 

 


David Moncholí i Badillo und Tadej Brezina
Spanien: Erfreuliche Entwicklung in Castellón und der Comunitat Valenciana
 

In Castellón (Spanien) verkehren optisch spurgeführte Trolleybusse auf eigenen Fahrspuren. Man vermeidet das Wort „Trolleybus“ aus Sorge, dass es ein wenig innovatives Verkehrsmittel assoziieren könnte.

Foto: Dr. Dirk Budach

Überblick und Liniennetz
Im Juni 2008 wurde ein zwei Kilometer langer Abschnitt des neuen Trolleybus-Systems der Mittelmeerstadt Castellón in Betrieb genommen. Diese Inbetriebnahme war der letzte Schritt eines zweijährigen Planungs- und Errichtungsprozesses, der den Beginn der neuen Ära von Trolleybussen in Spanien markiert. Castellón de la Plana ist eine mittelgroße Stadt ca. 70 km nördlich von Valencia, der Hauptstadt der autonomen Region „Comunitat Valenciana“. Die Stadt selbst hat ca. 172.000 Einwohner, ist aber der Mittelpunkt einer dynamischen urbanen Region mit den Komunen Benicàssim,Vila-real, Almassora und Burriana und zusammen ca. 294.000 Einwohnern. In den letzten 15 Jahren hat die „Generalitat“ - die Valencianische Autonomieregierung – beträchtliche Geldmengen investiert, um die Qualität und Quantität der ÖV-Systeme der Region zu erhöhen. Die sechs Metro- und Straßenbahnlinien in Valencia und die vier Tram-Train- und Straßenbahn-Linien in Alicante sind gute Beispiele dafür. Als Castellón an der Reihe war, entwickelten sich die ursprünglichen Pläne eines Straßenbahnnetzes schnell zu einem neuen Konzept. Die Regionalregierung legte bereits in den frühesten Projektphasen fest, dass ein 38 km langes Netz des damals „TVR“ genannten Systems ausgeführt werden sollte. TVR ist die spanische Abkürzung für „Transport auf selbständiger Fahrbahn“. Das TVR sollte aus einer für den ÖV vorbehaltenen Fahrbahn und optisch geführten, oberleitungsgespeisten Fahrzeugen in einem städtischen Umfeld bestehen, ähnlich demjenigen von Straßenbahnprojekten. Die Schlüsselkriterien für die Auswahl des Systems waren die Größe der erwarteten Nachfrage – ca. 30.000 Passagiere je Tag im Gesamtsystem – und die relativ geringen Baukosten im Vergleich zu traditionellen Straßenbahn-Infrastrukturen. Beachtet muss dabei natürlich Folgendes werden: Der aktuelle Modal Split von Castellón ist typisch für eine mediterrane Stadt: ein hoher Anteil an Fußwegen (bis zu 70 % im Stadtkern) und ein geringer Anteil beim ÖV. Die Menschen gehen oder benützen den Pkw – selten ist der ÖV oder das Fahrrad eine Option. Das TVR-Projekt hatte daher gleich mehrere Herausforderungen zur gleichen Zeit zu bewältigen: einerseits attraktiv genug zu sein, um Pkw-Benützer anzulocken, und andererseits sich so gut zu integrieren, dass eine Koexistenz mit den Fußgehern problemlos (Sicherheit, Lärm, Schadstoffe) möglich ist. Daraus ergab sich auch die elektrische Traktion als wesentliches Design-Element.

Das Netz wurde in zwei Linien geteilt:
• Linie 1: Westlich von Castellón beginnend, dabei die Universität, das Stadtzentrum, den Hafen und die touristische Strandstadt Benicàssim (im Norden) verbindend (Länge: 24 km)
• Linie 2:Von Castellón nach Süden über den Hauptbahnhof und das Regionalspital in Villa-real nach Almassora und Burriana (Länge: 14 km).

Der 1. Abschnitt
Der am 25. Juni 2008 eröffnete Abschnitt hat eine Gesamtlänge von 2.037 m und eine durchschnittliche Breite von 7 m für beide Richtungen. Optisch geführte Trolleybusse laufen auf einer reservierten Fahrbahn, die ursprünglich als Betonoberfläche geplant, aber schließlich bituminös ausgeführt wurde. Die selbstständige Fahrbahn verfügt an Kreuzungen über ein System der vollständigen Lichtsignalbevorzugung. Es ist dies die erste Installation in der Region Valencia, die tatsächlich den ÖV an allen Kreuzungen bevorrangt. Dieser erste Abschnitt, obwohl nicht besonders lang, verbindet einige wichtige Örtlichkeiten der Stadt: Er startet bei der Universität „Jaume I“ und führt über den Hauptbahnhof und den Busbahnhof an einem wichtigen Kaufhaus vorbei an den Rand der Innenstadt beim Ribalta Park. Die Haltestellen sind tramwayartig ausgeführt, um den Fahrzeugzugang zu erleichtern.

Das Stromversorgungssystem basiert auf dem Konzept des elastischen Überkopfkontakts der Firma Kummler + Matter (Schweiz), das geringe Wartungs- und Betriebskosten sowie verlässlichen Betrieb ermöglicht und hilft, die Anzahl der Fahrleitungsmasten zu verringern. Das Projekt umfasste auch eine neue Brücke über den Fluss „Sec“ („trocken“), die das Erscheinungsbild dieses Stadteils eindeutig verändert hat: Der 41 m hohe Pylon kann von vielen Orten der Stadt gesehen werden. Der Zweck der Brücke war nicht nur die Verbindung der beiden Ufer oder ein neues Wahrzeichen zu bilden – der Entwurf folgte dem gesamten Projekt. Lediglich zwei Fahrspuren für den Individualverkehr wurden vorgesehen, was den Fußgehern,Radfahrern und dem ÖV den überwiegenden Teil der Fläche zur Verfügung stellt. Dieser Umstand stimmt hoffnungsvoll für zukünftige Planungen in der Region. Das System läuft unter dem Markennamen TRAM (Städtischer Verkehr des Bezirks La Plana) in einem Intervall von acht Minuten (Nebenverkehrszeit) und fünf Minuten (Hauptverkehrszeit) über 16 Stunden. Für diesen Abschnitt wird eine Fahrzeit von lediglich sieben Minuten benötigt. Dies entspricht einer Reisegeschwindigkeit von 17 km/h und bedeutet eine Beschleunigung um das Doppelte gegenüber der ursprünglichen Busverbindung. Nach einem nun fünfmonatigen Betrieb hat sich das Fahrgastaufkommen bei 3.500 pro Tag stabilisiert – 25 % der gesamten Nachfrage in Castellón. Es wird erwartet,dass sich diese Zahl verdreifacht, wenn die Linie endlich den Hafen erreicht hat und das neue Busliniennetz durch den Gemeinderat genehmigt worden ist. Die Einführung des Trolleybusses in Castellón hat im Jahr 2008 zu einem Anstieg der ÖV-Benutzer um ca. 8%geführt – entgegen dem Trend der restlichen spanischen Städte mit einer Abnahme von ca. 7 %.
 

Haltestelle Riu Sec kurz vor der Brücke in Richtung Stadtzentrum

Foto: David MONCHOLÍ I BADILLO


Ausblick
Trotz der Polemik um den Ribalta Park – dieser Abschnitt befindet sich gerade in Bau – hat der Impuls des regionalen Infrastruktur- und Transportministeriums mit der Fertigstellung des ersten Abschnittes nichts an Stärke verloren. Die Ausführungsplanung für den Innenstadtring wird bis Ende Januar 2009 erwartet, sodass bis spätestens April die Bau-Ausschreibung erfolgen kann. Der aktuelle Zeitplan sieht vor, dass der zehn km lange Teil der Linie 1 von der Universität zum Hafen mit Ende des Jahres 2010 in Betrieb genommen werden kann. Linie 2 schreitet jedoch in einem anderen Tempo voran. Die Verbindung zwischen Castellón und Villareal wird sich einer früheren Nationalstraße (N-340) bedienen, sie befindet sich jedoch unter der Kontrolle des Ministeriums für öffentliche Bauten der Madrider Zentralregierung. Die staatlichen und regionalen Behörden führen bereits Gespräche über die Art und Weise des Infrastrukturtransfers. Ebenso muss die Trassenführung mit den betroffenen Kommunen (Vila-real, Almassora and Burriana) erst abgestimmt werden. Es gibt zwar noch keinen fixierten Baubeginn, jedoch besteht die politische Übereinkunft, dass erste Abschnitte spätestens 2012 in Betrieb gehen sollen. Die Valencianische Regionalregierung treibt die Einführung von neuen Trolleybussystemen für Städte mittlerer Größe quer durch die Region mit Bestimmtheit voran. Projektstudien für die Doppelstädte Elda-Petrer, für Sagunt (das Antriebssystem ist noch nicht festgelegt) und Alicante sind in Bearbeitung. In Alicante wurde der Plan der Verlängerung des Straßenbahn- und Tram-Train-Systems von Alicante nach Sant Joan und Mutxamel in ein Trolleybus-Konzept umgewandelt. Die Planungsarbeiten für dieses Projekt sind im Gange, und erste Trassenvorschläge sollten Anfang 2009 nach Abstimmung mit den jeweiligen Gemeinderäten präsentiert werden.
 

Die Strecke im Stadtzentrum entlang der Straße Colon: TVRCAS verkehrt nur in einer Richtung. Die Gegenrichtung verläuft in einer Parallelstraße.

Foto: David MONCHOLÍ I BADILLO

 

 

 

Thomas Feichtinger
Salzburg: 20 neue Obusse "Trollino" von Solaris/Cegelec

Der Salzburger Obusbetrieb wird 20 Gelenk-Obusse des Herstellers Solaris – mit der Option auf weitere fünf Fahrzeuge – beschaffen. Um nun dem Publikum einen Vorgeschmack auf die künftige Obusgeneration zu geben,weilte Ende November 2008 ein Solaris Trollino 18 AC vom Obusbetrieb der Stadt Winterthur/ Schweiz in der Mozartstadt. Dabei wurde der „Schweizer“ von der Redaktion auf Herz und Nieren getestet!

Elegant sieht er ja wirklich aus, der Solaris-Gelenk-Obus des Typs Trollino 18 AC. Und er macht keinen Hehl aus Herkunft und Größe, denn Trollino steht für „Trolleybus“, also Obus, und 18 gibt die maximale Länge des Wagens in Metern wieder.

Wir aber beginnen beim Anfang, nämlich beim Cockpit. Dies ist ja schlichtweg das Wichtigste für den „Stanglkutscher“. Es präsentiert sich sauber und aufgeräumt. Der Testwagen ist bereits mit einem elektronischen Fahrtenschreiber ausgerüstet, der in unseren Breiten – zumindest im Ortslinienverkehr – noch nicht Usus ist. Das zentrale Display kann individuell auf die Bedürfnisse des Kunden programmiert werden. Das Wesentliche aber ist: Es werden nur die wichtigsten Parameter angezeigt, wie etwa Haltewunsch, „Türen offen“ oder Betätigung des Weichenschalters. Erst bei allfälligen Störungen kommen die dementsprechenden Meldungen, die – je nach Ausmaß – durch Kontroll-Leuchten untermauert werden (Gelb = Weiterfahrt bis zur Remise möglich, oder Rot = Stop!). Die Anordnung der Schalter am Armaturenbrett ist übersichtlich, die Schalter selbst hinterlassen einen stabilen Eindruck. Man bedenke, dass die Türfreigabe etwa 650 mal pro Tag betätigt werden muss! Etwas nervig ist nur das permanente Piepsen bei Betätigung des Blinkers. Das kann man aber sicher wegprogrammieren… Die Lenkung hat ein technisches Zuckerstückerl zu bieten: Bisher war es in Salzburg so, dass die Servopumpe der Lenkung erst bei einer gewissen Umdrehungszahl des Fahrmotors die Arbeit antrat. Somit war bei ganz geringen Geschwindigkeiten die Lenkerei eine Schwerarbeit. Beim Solaris hingegen wird die Servopumpe bereits mit dem Fahrbefehl aktiviert und steht somit auch bei kleinsten Geschwindigkeiten zur Verfügung. Das Gestühl für den Fahrer ist bequem und bietet unzählige Verstellmöglichkeiten, der Autor dieser Zeilen (Größe: 1,85 m) hatte keine Probleme mit der Beinfreiheit.

Die Anordnung von Fahr- und Bremspedal ist identisch zu den Dieselbussen, das heißt, mit dem rechten Fuß werden sowohl Fahrschalter als auch Bremse betätigt. Beim Antippen des Fahrschalters – bitte niemals bei einem Obus „Gaspedal“ sagen! - regen sich sofort die 250 kW des Antriebsmotors. Sobald man vom Fahrschalter „weggeht“, kann man das grandiose Rollvermögen des Testwagens bewundern. Hier gilt wieder der erste Obus-Grundsatz:„Gleiten statt hetzen“.

Leider erfordern rote Ampeln, Haltestellen und dergleichen ein Beenden des wunderbaren Gleitzustandes, es muss gebremst werden. Beim Druck auf das dementsprechende Pedal wird zunächst die elektrische Bremse verwendet, die dabei entstehende Energie wird in die Fahrleitung zurückgespeist. Erst knapp vor Stillstand übernimmt die Druckluft das Verzögern. Der Übergang von Elektro auf Luft verläuft ruckfrei, was wiederum zur Freude des Reisepublikums dient. Die beiden Außenspiegel bieten eine großzügige Sicht und können vom Fahrerplatz elektrisch verstellt werden. Das ist sehr praktisch bei den Fahrerwechseln an den Ablöseorten, weil man da ja keine unnötige Zeit verlieren will. Ein absolutes Novum für Salzburgs Obusse: Es gibt bei den Solaris- Wagen eine Klimaanlage – im Winterthurer Obus je eine für Vorderwagen und Nachläufer. Die Salzburger Version bekommt noch einen klimatisierten Fahrerplatz dazu. Im Winterthurer Obus finden 44 sitzende und 138 stehende Fahrgäste Platz, zuvor müssen sie jedoch an einer der vier Türen den Wagen „entern“. Das ist nicht schwer, denn – bis auf die erste Tür – sind alle mit einer Außenschwing-Mechanik ausgerüstet. Interessantes Detail: Eine große orange Leuchte über den Türen vermittelt den aussteigewilligen Fahrgästen sofort, ob der Haltewunsch ordnungsgemäß betätigt worden ist. Der Obus kann außerdem abgesenkt oder – bei Hindernissen auf der Fahrbahn – angehoben werden. Die Sitzgelegenheiten für die Fahrgäste präsentieren sich in einem „zackigen“ Design, das überdies Schmutz abweisend sein soll. Dass man etwas hart sitzt, soll im Ortslinienverkehr mangels langer Verweildauer kein gröberes Problem sein. Der Nachläufer verfügt – so wie die Mittelachse – ebenfalls über eine zwillingsbereifte, nicht lenkbare Achse. Die Winterthurer „Solarisse“ werden nämlich durch die dritte, also die Nachläufer- Achse, angetrieben. Der langsam laufende sechspolige Motor befindet sich in einer Kiste links hinten im Obusheck. Die Salzburger „Solarisse“ allerdings werden den Antrieb zwecks besserer Wintereigenschaften auf der Mittelachse haben,und der Motor – ebenfalls ein sechspoliger Langsamläufer – kommt in den Vorderwagen. Dadurch wird es wieder die in Salzburg so beliebte Heckplattform geben. Wenn die Motoren langsam laufend sind, heißt das nicht etwa, dass sich der Obus im Schneckentempo bewegt, sondern es wird durch diese Technik die Laufruhe erhöht und die Antriebsachse geschont. Ebenfalls im Nachläufer befindet sich der Diesel-Hilfsantrieb, der ein fahrleitungsunabhängiges Fahren erlaubt – z.B. bei Baustellen, Fahrleitungsstörungen etc. Die Stromabnehmerstangen kommen aus dem Hause Lekov/Esko und können vom Fahrerplatz automatisch abgesenkt werden. Summa summarum präsentiert sich mit dem Solaris Trollino 18AC ein Gelenk-Obus modernster Bauart, der den Salzburger „Stanglkutschern“ und deren Fahrgästen sicher viel Freude bereiten wird.
 

OBEN: Sauber und aufgeräumt sieht das Cockpit aus. Rechts im Bild: der Bildschirm des Winterthurer RBL (rechnergestütztes Betriebs-Leitsystem)

UNTEN: Der Solaris-Innenraum – Die rechts hinten sichtbare „Motorkiste“ wird in der Salzburger Ausführung zugunsten einer Plattform wegfallen.

Fotos (2): Holger SCHINAGL

 


Die Autoren

Pia Maria BRUGGER-KALFIDIS
Dipl. Betriebswirtschafterin FH, Dipl. Managerin öffentlicher Verkehr FH, seit 2000 Geschäftsführerin beim Zweckverband „Offentlicher Agglomerationsverkehr Luzern“ OVL.

DI David MONCHOLÍ I BADILLO
Studierte an der Universität Politecnica de Valencia (UPV) Bauingenieurwesen, Fachbereich Verkehrs- und Siedlungsplanung. Er ist Leiter der Abteilung „Raum und Verkehr“ beim Ingenieurbüro IDOM in Valencia und Lektor an der UPV. Beim Trolleybusprojekt in Castellon war er Projektleiter des ersten Abschnittes und arbeitet weiters an anderen Verkehrsprojekten für die Valencianische Regierung.

DI Tadej BREZINA
Studierte nach der Tiefbau-HTL an der TU Wien Bauingenieurwesen und vertiefte sich im Bereich Verkehrswesen und Infrastrukturplanung. Er ist Dissident mit dem Schwerpunkt auf evolutionärer Wechselwirkung von Verkehr und Siedlungsstruktur. Er arbeitet weiters auf den Gebieten der Wechselwirkung Technologie und Mensch, des öffentlichen Verkehrs und des Radverkehrs.

Thomas FEICHTINGER
Jahrgang 1960, ist bereits seit 1982 mit dem Salzburger Obusbetrieb verbunden: Zuerst als Wagenpfleger, danach als Obuslenker und zwischenzeitlich auch als Kassier im damals so genannten „Zeitkartenburo“ in der Griesgasse. Jetzt fungiert er als Assistent der Centerleitung „Betrieb Bahnen“.Überdies ist er Obmann von „Pro Obus Salzburg –Verein zur Förderung von Obusbetrieben“.
 




 

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