Pöstlingbergbahn in Linz
wiedereröffnet
von Robert
Schrempf
Die oberösterreichische
Landeshauptstadt Linz
ist gemeinsam mit
Litauens Hauptstadt
Vilnius „Europäische
Kulturhauptstadt des
Jahres 2009“. Die
Ausrichtung der
Veranstaltung erbrachte
viele Impulse für die
Stadtentwicklung, etwa
die komplette Erneuerung
der Pöstlingbergbahn.
Auf den Tag genau zum
111-jährigen Jubiläum,
29. Mai 2009, erfolgte
die feierliche
Wiedereröffnung der
Pöstlingbergbahn. Nach
14 Monaten Bauzeit fährt
die erneuerte Bahn nun
auf verlängerter Strecke
ab dem Hauptplatz, dem
Zentrum des Geschehens,
und mit neuen Fahrzeugen
im schicken Retro-Look
auf den Linzer Hausberg.
In den ersten
Betriebswochen wurde die
Bergbahn von Touristen
sowie Linzern regelrecht
gestürmt. Zu deren
Revitalisierung führten
drei Beweggründe:
Einerseits die
angestrebte Verdoppelung
der Touristenfahrten,
die Verbesserung der
Sicherheitseinrichtungen
und das
Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz,
das eine Bereitstellung
„barrierefreier“ Anlagen
und Fahrzeuge fordert.
Gleichzeitig sollte die
Pöstlingbergbahn ihren
nostalgischen Charme
behalten und auch in
Zukunft eine
Tourismusattraktion
ersten Ranges sein.
Der Pöstlingberg ist
durch seine dominierende
Lage, die
Wallfahrtskirche und
eine bis zu den Alpen
reichende Fernsicht seit
jeher ein beliebtes
Ausflugsziel. Als am
Ende des 19.
Jahrhunderts die
„Tramway- und
Elektrizitätsgesellschaft
Linz-Urfahr“ (TEG,
Vorläuferin der heutigen
Linz AG) die Verbindung
zwischen der Stadt und
ihrem markanten
Wahrzeichen mit der
Errichtung einer
„elektrischen Steilbahn“
auf den Pöstlingberg
verstärkte, bewiesen die
Unternehmer Wagemut und
Weitblick. Der
Pöstlingberg war damals
noch gering besiedelt
und noch kaum als
Ausflugsziel bekannt.
Auch war die Errichtung
einer Adhäsionsbahn mit
einer Steigung von 105 ‰
und elektrischer
Traktion eine
Pionierleistung auf dem
Gebiet der
Verkehrstechnik. Im
Gegensatz zur Linzer
Straßenbahn, welche die
Spurweite von 900 mm der
Pferdebahn beibehielt,
bestimmte bei der
Pöstlingbergbahn die
Konstruktion der
Wagenmotoren die
Spurweite. Die
steigungsreiche Strecke
erforderte die
Ausrüstung der
Triebwagen mit stärkeren
Motoren, aufgrund deren
Größe eine Spurweite von
1000 mm auszuführen war.
Damit war eine
Weiterführung der
Bergbahn auf den Gleisen
der Straßenbahn nicht
möglich, doch ähnlich
wie heute am Hauptplatz
konnte man anfangs an
einer gemeinsamen
Endstation bequem von
der Bergbahn in die
Straßenbahn umsteigen.
Vor Erreichen der
Talstation querte die
Pöstlingbergbahn die
normalspurige
Mühlkreisbahn; vor und
nach jeder Überfahrt war
ein Schienenstück zu
schwenken. Dies
gestaltete sich sehr
mühsam, sodass bereits
1899 nördlich des
Mühlkreisbahngleises
eine neue Talstation
„Bergbahnhof Urfahr“
errichtet wurde. Wie die
Entwicklung in den
letzten zwei Jahrzehnten
zeigte,war dessen Lage –
an der Endstation der
Straßenbahnlinie 3 – für
den Tagestouristen
ungünstig.
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Mit der
Revitalisierung
konnten die
wesentlichen
Punkte der im
Jahr 2002 von
Dipl.-Ing.Otfried
Knoll (NÖVOG-Geschäftsführer)
erstellten
Studie umgesetzt
werden, neue
Gedanken wurden
Realität.
Foto: Robert
SCHREMPF |
111 Jahre später gehören
diese Hürden der
Vergangenheit an. Die
Revitalisierung der
Pöstlingbergbahn
ermöglichte die Änderung
der Spurweite und
Einbindung in das
Straßenbahnnetz. Die
Querung der
Mühlkreisbahn konnte
technisch besser gelöst
werden. Der Druck aus
der Bevölkerung, der
sich gegen Triebwagen in
ultra-modernem Design
richtete, und
schließlich die Auflagen
des Bundesdenkmalamtes
führten zu einer sanften
Modernisierung der
Bergbahn. Mit der
Revitalisierung konnten
die wesentlichen Punkte
einer im Jahre 2002 von
Dipl.-Ing. Otfried Knoll
(NÖVOG-Geschäftsführer)
erstellten Studie
umgesetzt werden, neue
Gedanken wurden
Realität.
Die
gesamten
Bahnanlagen auf der
bestehenden
Bergbahnstrecke wurden
erneuert, die
eingleisige Führung und
die drei Ausweichstellen
blieben erhalten. Alle
Haltestellen wurden
behindertengerecht
gestaltet, die
Bordsteinhöhe an die
Einstiegshöhe der
Niederflurfahrzeuge
angepasst, die
Wartehäuschen
restauriert und die
Beleuchtung mit
stilvollen Kandelabern
versehen. Alle
Veränderungen waren mit
dem Bundesdenkmalamt
abzustimmen. Vor
Erreichen der bisherigen
Talstation zweigt die
Pöstlingbergbahn von der
2,9 km langen
Bestandsstrecke ab,
quert niveaugleich die
von den ÖBB betriebene
Mühlkreisbahn und mündet
in die Gleise der
Straßenbahnlinie 3. Nach
1,2 km Weiterfahrt wird
die neue Endstation im
Herzen der Stadt, am
Hauptplatz, erreicht.
Hier wurde eine
eingleisige
Stumpf-Endstelle
errichtet. Für die
Einbindung in das
Straßenbahnnetz war die
Spurweite von 1000 mm
auf 900 mm zu ändern.
Die Talstation aus dem
Jahr 1899 blieb
unverändert, und es
wurde ein
Pöstlingbergbahn-Museum
eingerichtet. Das
nördliche
Verbindungsgleis
zwischen Talstation und
Wagenabstellhalle blieb
einschließlich einer
charakteristischen
Schleppweiche im
Originalzustand
erhalten. Der
geschlossene Triebwagen
XII steht für kurze
Fahrten zur Verfügung,
der offene Sommerwagen I
aus 1898 ist in der
Halle (am dritten Gleis)
zu betrachten. Das
Museum in der Talstation
bietet sich auch als
Abfahrtsstelle für
Sonderfahrten an, die
nun von allen
Haltestellen im gesamten
Netz aus möglich sind.
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Die neue
Endstation auf
dem Hauptplatz,
im Zentrum der
Stadt.
Foto: Robert
SCHREMPF |
Die Weiterführung ins
Stadtzentrum eröffnet
große wirtschaftliche
Chancen. Das erwartete
höhere Fahrgastaufkommen
kann jedoch nur durch
größere
Fahrgastkapazitäten
bewältigt werden. Dafür
beschafften die Linz AG
Linien drei
Niederflur-Triebwagen
(501 – 503) und ließen
drei Altwagen (VIII, X
und XI) modernisieren.
In den ersten Wochen
verkehrt die
Pöstlingbergbahn (Linie
50) im Halbstundentakt,
jeweils zur vollen und
halben Stunde (erste
Talfahrt 5.30 Uhr,
letzte Talfahrt 22.30
Uhr). An Samstagen,
Sonnund Feiertagen
bleibt – bis zur
Verfügbarkeit der
Altfahrzeuge – der
bisherige
Bus-Ersatz-Verkehr
(Linie 50 a) zusätzlich
bestehen. Die für die
gesamte Neugestaltung
der Pöstlingbergbahn
veranschlagten
Investitionen in Höhe
von 35 Millionen Euro
(Preisbasis 2006)
konnten eingehalten
werden. Davon entfallen
auf die Erneuerung der
Gleis-Trasse inklusive
Verlängerung zum
Hauptplatz rund 15
Millionen Euro. Die
Kosten der drei
Neufahrzeuge betragen
insgesamt 13,8 Millionen
Euro, der Umbau der drei
Altfahrzeuge sechs
Millionen Euro.
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Die
niveaugleiche
Schienenkreuzung
der
Pöstlingbergbahn
mit der
Mühlkreisbahn in
Linz-Urfahr
stellt eine
Besonderheit im
österreichischen
Eisenbahnnetz
dar. Hier
kreuzen eine
normalspurige
Vollbahn mit
Güter-und
Personenverkehr
und eine
900mm-spurige
Straßenbahn. Die
Genehmigung
dieser neuen
Anlage erfolgte
in Abstimmung
der Bundes- und
Landesbehörden
unter Ausnutzung
von
Gestaltungsspielräumen
im
Eisenbahngesetz.
Sicherungstechnisch
ist die neu
gebaute Kreuzung
mit Signalen
(beide Strecken)
und
Schutzweichen (Pöstlingbergbahn)
ausgerüstet. Die
Steuerung der
Fahrten der
Pöstlingbergbahnerfolgt
nach
entsprechender
Anmeldung des
Zuges in
Abstimmung
zwischen dem
ÖBB-Fahrdienstleiter
in Linz-Urfahr
und der
Betriebsleitzentrale
der Linz Linien.
Foto: Karl
SCHAMBURECK |
Für Fahrgäste, die am
Pöstlingberg zwischen
den Haltestellen „Spazgasse“
und „Pöstlingberg“
wohnen oder arbeiten,
gilt die
Pöstlingbergbahn in
Verbindung mit einem
Bewohnerausweis als
Linie der Kernzone.
Zusätzlich zur
Einzelfahrt oder der
Bergund Talfahrt kann
zwischen dem
Pöstlingberg-Kombiticket
(Berg- und Talfahrt +
Eintritt Grottenbahn),
dem Erlebnisticket
(Berg- und Talfahrt +
24-Stunden-Stadtnetz)
und dem Erlebnisticket
Plus (Berg- und Talfahrt
+ Eintritt Grottenbahn +
24-Stunden- Stadtnetz)
gewählt werden. Neu ist
das Angebot für Inhaber
von Monats- oder
Jahreskarten der Linz
Linien, die nun auch für
die Pöstlingbergbahn
Gültigkeit haben.
Bürgermeister Dr. Franz
Dobusch bezeichnete die
erneuerte und zum
Hauptplatz verlängerte
Pöstlingbergbahn als
eine der
herausragendsten
Errungenschaften, die
für Linz eine
Nachhaltigkeit des
diesjährigen
Kulturhauptstadt-Jahres
aufs Beste
gewährleisten.
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