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Eine neue Ära beginnt:
Westbahn Wien – Salzburg


von Christoph Posch

Wenn am 9. Dezember 2012 der neue Fahrplan in Kraft tritt, überholt erstmals die Bahn das Auto. Rund 100 km Neubaustrecke auf der Westachse gehen in Betrieb – damit einher auch eine ganze Reihe von Tunnelprojekten, die den Fahrgästen fortan neue Reisezeiten ermöglichen. Zusätzlich zur Tunnelkette im Inntal gilt vor allem die brandneue Hochleistungsstrecke zwischen Wien und St. Pölten als Herzstück der Weststrecke zwischen Wien und St. Pölten. Das bedeutet auch, dass davon nicht nur Fernreisende, sondern vor allem die PendlerInnen im Nahbereich von Wien profitieren. Die Weststrecke mit den vielen Neu- und Ausbausektionen kann man mit Fug und Recht als Rückgrat des österreichischen Bahnverkehrs bezeichnen. Nirgendwo anders gibt es einen dichteren Personenfernverkehr und -nahverkehr. Aber auch für den Güterverkehr bietet die neue viergleisige Bahn mehr Ressourcen und damit noch bessere Chancen für die Wirtschaft.


Zeitreise von 1860 bis heute...
Drehen wir nun das Rad der Geschichte bis in die Gründerzeit zurück. 1860 nahm die k.k. privilegierte Kaiserin-Elisabeth-Bahn die Strecke zwischen dem Wiener Westbahnhof und Salzburg in Betrieb. Die Menschen erhielten damals ein wertvolles Gut, nämlich die für viele leistbare Mobilität. Waren früher nur Wohlhabende in den Genuss des Reisens gekommen, so schaffte die Bahn eine günstige und für große Massen bestens geeignete Fortbewegungsmöglichkeit. Waren Reisen zuvor beschwerlich und nur mit Kutschen oder Pferdefuhrwerken zu bewerkstelligen, so konnte man nunmehr in die von Dampfrössern gezogenen Waggons einsteigen und sogar Tagesfahrten zwischen weit entfernten Städten machen. Das gab den Menschen auch die Möglichkeit, Arbeitsstellen, die möglicherweise auch besser entlohnt wurden, auch in weiter entfernten Städten zu finden. Damals, vor über 150 Jahren, begann ebenfalls für die Menschen eine neue Ära, die sehr bald zu Wohlstand und zu einer umfangreichen wirtschaftlichen Entwicklung führte. Die Bahn entwickelte sich immer mehr als Mittel zum Zweck, um pünktlich zur Arbeit und wieder nach Hause zu gelangen.
 

Linz-Hauptbahnhof mit Dampflok 135.334 (1957).

Quelle: Robert Schrempf

Infolge ihrer besonderen Lage war und ist die Weststrecke die bedeutendste Bahnlinie Österreichs, wenn man von der Wiener Schnellbahn einmal absieht. Seit jeher kamen auf der Weststrecke die modernsten Lokomotiven und Fahrzeuge zum Einsatz, wenngleich diese Bahnlinie erst verhältnismäßig spät elektrifiziert wurde. Erst am 19. Dezember 1952 konnte der durchgehende elektrische Betrieb zwischen Wien und Salzburg aufgenommen werden. Dennoch war auch diese späte Elektrifizierung kein Hinderungsgrund für den Aufschwung dieser Achse.

Stets wurden die großen Schnellzugslokomotiven der Donaumonarchie und später auch vom Nachkriegsösterreich erstmals auf der Weststrecke eingesetzt. Zum Zeitpunkt des Ersteinsatzes einer jeden neuen Fahrzeuggeneration war die jeweilige Loktype für die zwischenzeitlich gestiegenen Herausforderungen bereits zu schwach. Die Elektrifizierung verzögerte sich jedoch, wie beschrieben, denn die Dampflok-Industrie rang nach einer letzten Bestätigung und nach entsprechenden Bestellungen. Die letzte österreichische Dampf-Schnellzugslokomotive, die Reihe 214 (später DRB/ÖBB 12) kam zu spät, und die Weichen in Richtung der „weißen Kohle“ waren schon längst gestellt. Auch der Anschluss an das Deutsche Reich konnte daran nicht mehr rütteln, wenngleich auch die Deutsche Reichsbahn ihre modernsten Lokomotiven, die stromlinienverkleideten 03.10, bis nach Wien einsetzte.
 

„Transalpin“ fährt in Linz Hauptbahnhof ein (1971).

Quelle: Robert Schrempf

Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die Wiederaufbauarbeiten größte Priorität, und die Weststrecke war als eine der ersten Bahnlinien wieder in ihrer Gesamtlänge befahrbar. Der elektrische Betrieb brachte der wichtigen Bahnachse endlich die gewünschte Leistungsfähigkeit und auch Reisegeschwindigkeit. Im Laufe der Zeit wuchsen die Bedürfnisse der Fahrgäste. Neues Waggon-Equipment wurde beschafft und nach und nach in Verkehr gesetzt. Der Fahrdraht ermöglichte auch die große Zeit der Triebwagenschnellzüge. Deren prominentester war der Transalpin, welcher am 1. Juni 1958 das erste Mal von Wien in Richtung Basel aufbrach. Aber auch hier erwiesen sich die Fahrzeuge der Reihe 4130 bereits von Anfang an als zu schwach dimensioniert. Erst die berühmte Reihe 4010 schaffte die Kundenfrequenzen, und schrittweise wurden die wichtigsten Züge als Triebwagenschnellzüge geführt. Mit dem Erscheinen moderner Elektroloks und neuer Waggons änderte sich in den 1970er-Jahren das Bild auf der Weststrecke zusehends. Aber noch etwas änderte sich: Die Infrastruktur gelangte schön langsam an ihre Leistungsgrenzen. Neue Fahrzeuge konnten die allgegenwärtige Konkurrenz, das Auto, nur noch schwer bremsen. Anstelle von Investitionen in die Schieneninfrastruktur wurde das Autobahnnetz weiter und weiter ausgebaut, und so rang der „motorisierte Individualverkehr“ – zu Deutsch: „die Heilige Kuh“, das Auto – der Bahn den Rang als Mobilitätsdienstleister Nummer eins ab. Selbst die besten Qualitätsoffensiven konnten den Motorisierungsgrad nicht stoppen, und die Bahn glitt, auch als Folge des Zustandes der Infrastruktur, immer mehr ins Hintertreffen. Das war übrigens ein Phänomen, das sich auf ganz Österreich ausweitete und sich nicht nur auf die Westbahnstrecke begrenzen lässt.

Ausbaupläne für die Westachse ab 1983
Bereits 1983 präsentierte der damalige Verkehrsminister Karl Lausecker die Pläne zum Ausbau der Westachse. Ein Baubeginn war demnach 1987 und eine Betriebsaufnahme 1992 vorgesehen. Dennoch verzögerten sich auch hier die Ausbaupläne aus verschiedenen Gründen.

Spätestens im Jubiläumsjahr der Bahn im Jahr 1987 war klar, dass es ein umfassendes Ausbauprogramm benötigte, um die Distanz zum Auto wieder zu verringern. Das vielversprechende Konzept „Die neue Bahn“ sah einen ersten zaghaften Versuch, die Bahnstrecken Österreichs auf künftige Herausforderungen zu ertüchtigen, vor. Darunter war auch der viergleisige Ausbau der Westbahnstrecke zu finden, der vorerst bis Linz und später bis Wels und Salzburg geführt werden sollte. Nur zwei Jahre später begannen die ersten Ausbauarbeiten für eine neue, leistungsfähige Bahn. Während in Deutschland die erste Neubaustrecke zwischen Hannover und Würzburg ans Netz ging, war man in Österreich noch lange uneins, wie die Parameter der neuen Hochleistungsbahnachse aussehen sollten. Fest stand, dass zwei Gleise für den langsameren Nah- und Regionalverkehr zur Verfügung stehen und die beiden neuen mit Trassierungsparametern für schnellfahrende Züge ausgestattet werden sollten. Letzteres bedeutete aber eine weitgehende Neutrassierung, denn die alte Bahnachse war nur bedingt für höhere Geschwindigkeiten tauglich. Der Güterverkehr selbst sollte überwiegend auf der Neubaustrecke erfolgen.
 

Viergleisige Westbahn Linz – Pichling (2007).

Foto: Robert Schrempf

1994 ging erster Neubauabschnitt in Betrieb
Der Ausbau der Westrecke wurde unter anderem der Österreichischen Hochleistungsstrecken AG (HL AG) übertragen, die sofort mit den Planungsarbeiten begann. 1994 ging mit dem Sittenbergtunnel der erste Neubauabschnitt ans Netz. Die letzte große Neubaustreckeneröffnung in Österreich datierte übrigens zurück bis ins Jahr 1964, als die Jauntalbahn zwischen Bleiburg und St. Paul ihren Betrieb aufnahm. In den nächsten Jahren folgten Schritt für Schritt die Inbetriebnahmen von weiteren Streckenabschnitten. Jedoch die größten Herausforderungen warteten noch in der „Pipeline“.

Grundsätzlich wurde die Trassierung auf eine Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h ausgelegt. Das erforderte auch die Einrichtung eines neuen Zugsicherungssystems, das eine kontinuierliche Überwachung der Zugfahrten ermöglichte. Die so genannte Linienzugsbeeinflussung LZB wurde installiert, und das Hochgeschwindigkeitszeitalter konnte auch in Österreich beginnen, wenn auch „nur“ mit planmäßig gefahrenen 200 km/h.
 

Gewaltig sind die Dimensionen des Bohrschildes einer Tunnelvortriebsmaschine. Mit den sehr gut sichtbaren Rollenmeißeln wird das anstehende Gebirge zerkleinert und durch eigene Öffnungen hinter das Schild zu den Förderbändern befördert.

Foto: ÖBB

Bei fast jedem Aus- bzw. Neubauabschnitt wurde folgendermaßen vorgegangen: Zuerst errichteten die Bauexperten die neue zweigleisige Fernbahntrasse. Nach deren Fertigstellung wurde der gesamte Bahnverkehr dorthin umgelenkt, und es wurden die „langsameren“ Gleise in Angriff genommen. So entstand schrittweise die neue viergleisige Weststrecke, deren Gesamtausbau zwischen Wien und Linz mit dem Lückenschluss bei Amstetten im Jahr 2016 weitgehend abgeschlossen wird. Aber auch der weitere Ausbau in Richtung Westen ist nach wie vor im Plan. Die viergleisige Trasse soll über Wels bis nach Salzburg geführt werden. Und auch hier werden die Bahnverkehre weitgehend entflochten. Während der Fernverkehr die Hochgeschwindigkeitsgleise nutzt, befahren Güterzuge und der Regionalverkehr die langsameren Gleise.
 

Der Tunneldurchschlag ist ein ganz besonderer Tag auf jeder Tunnelbaustelle.

Foto: ÖBB

Wien – St. Pölten: Die aufwändigste Etappe der Westbahnstrecke
Schrittweise wurde der viergleisige Ausbau der Weststrecke bis heute realisiert. Die bedeutendste Etappe, nämlich jene von der Bundeshauptstadt bis nach St. Pölten, wird am 23. November 2012, am 175. Geburtstag der Eisenbahn in Österreich, eröffnet. Dieser Abschnitt ist einer der aufwändigsten überhaupt, denn es mussten die Verknüpfungsbauwerke mit der alten Strecke und die Neubaustrecke über das Tullnerfeld und als Herzstück der Wienerwaldtunnel errichtet werden. Von der Verknüpfungsstelle in Tullnerbach wird die Neubaustrecke mit dem Lainzer Tunnel bis zur Südbahn geführt und mündet dort in den Bahnhof Wien Meidling ein. Das bedeutete auch, dass zwei Strecken mit grundlegend unterschiedlichen Betriebsführungen einander trafen. Die Weststrecke wird im Rechts-, die Südbahn wurde im Linksverkehr bedient. Um beide Bahnlinien miteinander optimal zu verknüpfen, mussten entweder aufwändige „Auskreuzbauwerke“ oder die Südachse auf Rechtsbetrieb umgestellt werden. Letzteres wurde im August 2012 bis Payerbach-Reichenau umgesetzt. Vorangegangen sind umfangreiche Informationen für die BahnkundInnen, denn nach dem Tag X mussten sie die richtigen Bahnsteige finden, um keinen Zug zu versäumen. Weiters mussten auch sämtliche Wegeleitungseinrichtungen auf die neuen Erfordernisse adaptiert werden. Zeitgleich wurden mit wenigen Ausnahmen sämtliche Bahnstrecken der Ostregion auf Rechtsverkehr umgestellt.

Der Lainzer Tunnel
Jahrelang wurde über die Realisierung des Lainzer Tunnels diskutiert. 1990 wurde die HL AG mit der Planung und 1996 mit dem Bau betraut. Mitten in Wien ein derartiges Tunnelbauwerk zu errichten ist ein Meisterstück österreichischer Ingenieurskunst. Das Bauwerk beginnt im Knoten Hadersdorf-Weidlingau und führt im Westen von Wien unter dem Lainzer Tiergarten bis zum Verknüpfungsbauwerk in Meidling und weiter bis nach Altmannsdorf zur Donauländebahn. Die gesamte Trasse läuft in unmittelbarer Nähe zur bestehenden historischen Verbindungsbahn, teilweise sogar darunter.
 

Sämtliche Tunnelabschnitte wurden mit einer sogenannten „festen Fahrbahn“ ausgestattet.

Foto: ÖBB

Der Bau des Tunnels, der 1999 startete, war aber eine riesige Herausforderung. Anrainerproteste sorgten zweimal für eine Bauunterbrechung. Verschiedenste Bedenken, vor allem in puncto Brandsicherheit, wurden geäußert. Gemeinsam mit der Berufs feuerwehr Wien, der ältesten der Welt, wurde ein Rettungs konzept erarbeitet, das kürzeste Zugriffszeiten für die Einsatzkräfte ermöglicht. Das rund 15,4 km lange Bauwerk verfügt über 28 Sicherheitsausstiege. Der einröhrige und zweigleisig ausgebaute Tunnel ist wie alle anderen Neubautunnels mit einer befahrbaren festen Fahrbahn ausgestattet, wo Einsatzkräfte ohne die Verwendung von Zweiwege-Fahrzeugen im Alarm fall mit herkömmlichen Einsatzfahrzeugen anrücken können. Das Tunnelbauwerk selbst stellt die Verbindung von West- und Südstrecke dar und wird künftig von Reisezügen mit bis zu 160 km/h und von Güterzügen mit bis zu 120 km/h befahren. Die Oberleitung wurde übrigens nach dem modernsten Stand der Technik als Stromschiene ausgeführt.
 

Mit Verknüpfungsbauwerken werden kreuzungsfreie Einbindungen in die Bestandsstrecken geschaffen.

Foto: ÖBB

Eine weitere große Herausforderung war, dass aufgrund der geringen Gebirgsüberdeckung spezielle Sicherungsmaßnahmen bei den Vortriebsarbeiten gesetzt werden mussten. Außerdem erfolgte ein Großteil der Ausbruchsarbeiten sehr langsam im Bagger-Vortrieb. Besonders hervorzuheben ist, dass es trotz des dicht verbauten Gebietes kaum zu Gebäudeschäden kam, obwohl diese oft nur einen Steinwurf von der neuen Bahnachse entfernt waren. In der sogenannten Weichenhalle in Hadersdorf-Weidlingau wird die Verknüpfung zur Weststrecke und zum neuen Wienerwald-Tunnel hergestellt. Die volle Leistungsfähigkeit erhält der Lainzer Tunnel mit der Voll-Inbetriebnahme des Wiener Hauptbahnhofes im Dezember 2015. Dann werden etliche Fernverkehrszüge durch den Tunnel bis in die neue zentrale Verkehrsstation Wiens fahren und für ein gänzlich neues Verkehrssystem auf Österreichs Schienen sorgen.

Der Wienerwald-Tunnel
Dieser 13.356 m lange Tunnel ist das wichtigste Bauwerk der neuen Weststrecke, die offiziell am 23. November 2012 eröffnet und mit Fahrplanwechsel am 9. Dezember in Betrieb genommen wurde. Der Tunnel selbst beginnt im Osten in der Weichenhalle in Hadersdorf-Weidlingau und führt zuerst rund 2.300 m in einer einzigen Röhre mit zwei Gleisen, bis diese in einen zweiröhrigen Tunnel mit jeweils einem Gleis übergeht. Die Vortriebsarbeiten wurden sowohl in offener als auch in geschlossener Bauweise durchgeführt. Während Vortrieb im zweigleisigen Tunnelbereich nach der neuen Österreichischen Tunnelbaumethode zyklisch erfolgte, arbeiteten, vom Tullnerfeld ausgehend, zwei Tunnelvortriebsmaschinen kontinuierlich am Tunnelausbruch. Diese beiden Maschinen hatten eine derartige Vortriebsleistung, dass das Ausbruchsmaterial per Förderbandstraßen abtransportiert wurde. Teilweise wurde das Material für Schüttungen oder für Lärmschutzwälle weiterverwendet, aber der Großteil des Materials wurde im Wienerwald zur Geländemodellierung verwendet.

Am 3. September 2007 fand der Tunneldurchschlag statt. Die Tunnelröhre wurde im Rohbau mit Spritzbeton (bergmännischer Vortrieb) oder mit Tübbingen (maschineller Vortrieb) gesichert. Speziell für die Tübbingproduktion wurde beim Westportal in Chorherrn eine eigene Fabrik eingerichtet. Von dieser Baustelleneinrichtungsfläche führte auch eine rund 50 km lange Stollenbahn in den Berg. Mit schmalspurigen Diesellokomotiven und Waggons wurden die Tübbinge, Rollkies und andere Baumaterialien transportiert. Nach Beendigung der Bauarbeiten wurden sämtliche Baustelleneinrichtungen und auch die Stollenbahn wieder abgebaut. Nach dem Innenausbau wurden die feste Fahrbahn und auch die bahntechnische Ausrüstung installiert. Die Bahnstrecke selbst ist mit dem Europäischen Zugsicherungssystem ETCS Level 2 ausgestattet.

Tunnelkette Perschling
Ein weiteres wichtiges Baulos der neuen Weststrecke ist die Tunnelkette Perschling. Sie setzt sich aus drei Tunnels (Reiserberg-Tunnel 1.370 m lang, Stierschweiffeld-Tunnel 3.293 m lang, und Raingruben-Tunnel 2.775 m lang) zusammen. Alle drei wurden kontinuierlich mit Tunnelvortriebsmaschinen errichtet. Die Bauarbeiten in diesem Abschnitt wurden 2003 begonnen und im Juni 2009 abgeschlossen. Im Knoten Wagram kurz vor St. Pölten bindet die neue Westrecke in die Bestands-Trasse ein.

Regionalbahnhof Tullnerfeld
Für die Verknüpfung zu den Regionalbahnlinien im Tullnerfeld wurde auch ein neuer Regionalbahnhof errichtet. Dieser ist vor allem deshalb notwendig, damit auch die Menschen in dieser Region von den Vorteilen der neuen Bahn-Infrastruktur profitieren können. Speziell aus diesem Grund wurde auch die Tullner Westschleife reaktiviert, die die Verbindung zur Franz-Josephs-Bahn herstellt.
 

Der Regionalbahnhof Tullnerfeld wird auch für die ganze Region viele Vorteile und vor allem eine schnelle Verbindung in die Bundeshauptstadt bringen.

Foto: ÖBB

Der Weg bis zur Betriebsaufnahme
Nach Fertigstellung sämtlicher Bauarbeiten begann der spannendste Abschnitt: die Inbetriebnahme der neuen Infrastruktur. Ausgelegt ist die Neubautrasse für Höchstgeschwindigkeiten bis zu 250 km/h. Aber auch das neue Zugsicherungssystem ETCS Level 2 musste vor der Streckeneröffnung getestet und vor allem abgenommen werden. Selbiges betraf auch die Abnahme der ETCS-Tauglichkeit bei den einzusetzenden Fahrzeugen wie zum Beispiel bei den ÖBB-Railjet-Zügen und Hochleistungslokomotiven sowie bei den Triebwagenzügen der Westbahnmanagement GmbH und der anderen Eisenbahnverkehrsunternehmen.

Speziell für die Abnahme der zulässigen Höchstgeschwindigkeit der Strecke wurde von der Deutschen Bahn (DB-Systemtechnik) ein eigener Messzug angemietet, der die Abnahmefahrten durchführte. Der ICE-S gastierte während des Hochfahrprogramms mehrere Male in Österreich – zuerst aber nur als dreiteilige Komposition mit zwei Triebköpfen und einem Messwagen. Diese Garnitur stellte am 15. August 2012 den neuen österreichischen Geschwindigkeitsrekord mit 336,4 km/h auf. Nach diesen Innovationsmessfahrten fuhr die Garnitur nach Deutschland zurück und kehrte als achtteilige Komposition wieder, um das Messprogramm abzuschließen.
 

Sämtliche Neubaustreckenbereiche verfügen von Beginn an über Lärmschutzbauwerke.

Foto: ÖBB

Eine neue Ära im österreichischen Personenverkehr beginnt
Dieser Tag ist ein ganz besonderer in der österreichischen Eisenbahngeschichte: Vor 175 Jahren zog die zweiachsige Lokomotive „Austria“ den ersten Personenzug zwischen Floridsdorf und Deutsch Wagram. Mit einer „horrenden“ Höchstgeschwindigkeit von kaum mehr als 20 km/h glitt dieser erste österreichische Zug über die Gleise und leitete die Aufschließung der Donaumonarchie durch die Eisenbahn ein. Hatten damals Medien vor der höchsten Geschwindigkeit, die unwiderrufliche Einflüsse auf die inneren menschlichen Organe haben sollte, gewarnt, so zischen heute, 175 Jahre später, modernste Hochgeschwindigkeitszüge über die Gleise. Die neue Weststrecke zwischen Wien und St. Pölten wird ab Fahrplanwechsel als erste Bahn in Österreich mit einer Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h betrieben, die Unterinntal- Strecke mit 220 km/h.

Die Reisezeit zwischen der Landeshauptstadt St. Pölten und der Bundeshauptstadt Wien wird künftig nur noch 25 Minuten anstelle von 40 Minuten betragen. Salzburg ist von Wien aus mit den schnellsten Zügen in nur 2:22 Stunden erreichbar. Aber auch neue Produkte wie zum Beispiel die „REX 200“, die ersten Hochgeschwindigkeits-Nahverkehrszüge, werden viele Vorteile für die Bahnkunden bringen. Alles in allem kann man zusammenfassen, dass durch die neue Weststrecke wichtige österreichische Zentren näher zusammenrücken.

Epochal ist diese neue Bahnstrecke in mehrerlei Hinsicht, wie in diesem Aufsatz beschrieben. Abschließend bleibt zusammenzufassen, dass vor 175 Jahren die erste Eisenbahn in Österreich die Pferdefuhrwerke überholte und ins Hintertreffen führte. Heute ist es wiederum die Eisenbahn, die das Auto überholt und die Basis für eine moderne Mobilitätszukunft für unsere Gesellschaft und unserer Kindes- und Kindeskinder ermöglicht. Steigen auch Sie ein in die Zu(g)kunft.
 

Zum Autor: Ing. Christoph Posch

 

Ing. Christoph Posch (40) ist seit 12 Jahren Pressesprecher für die Steiermark, Kärnten und Osttirol bei den ÖBB. Sein „bahnbrechendes“ Hobby, die Eisenbahn, begleitet ihn sein ganzes Leben. Sein Privatarchiv ist Grundlage für Publikationen, z. B. in der Konzernzeitung „Unsere ÖBB“. Herr Posch wirkt auch als Co-Autor und Autor mehrerer Bücher.

 

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